Gleich zu Beginn des aktuellen Songs Drive kommen einem – mit seinen verspielten Pianoschlägen – Bilder in den Kopf, die von seichten Bächen durch schneebedeckte Wälder geprägt sind. Dann plötzlich setzt der Gesang des norwegischen Singer/Songwriters Jarle Skavhellen ein und tauscht das kühle Bild gegen eines, das von Wüsten und unendlich langen Straßen dominiert wird. All 50 Kilometer mal an einem Haus oder Shop vorbeikommend, ist Drive genau das, was der Song zum Ausdruck bringt – eine warme, ruhige Umgebung für gerade rastende aber sonst rastlose Menschen. So hat es Skavhellen auch genau in diesen Sound getrieben. Hatte sein 2018er Debütalbum The Ghost In Your Smile nicht nur in Norwegen, sondern auch international Interesse geweckt, zählten seine Spotify-Streams immer häufiger Zugriffe aus aller Welt. Getrieben vom Wunsch, sich weiterzuentwickeln, trieb es ihn schließlich nach Portland in den USA, um dort mit dem Produzenten Tucker Martine am zweiten Album Beech Street zu arbeiten. Und plötzlich änderte sich der Sound.

Mit einer Mischung aus Americana und europäischen Folk ist das, am 8. Januar 2021 erscheinende, zweite Album eine Weiterentwicklung in die Richtung, nach der Skavhellen immer suchte. So beschreibt Skavhellen den Sound seinen Albums dann auch mit Dieses Projekt ist mehr von allem. Die ruhigen Stücke sind ruhiger. Die großen Songs sind größer, doch die Unvollkommenheiten kommen durch. Es ist organischer und pompöser zugleich. Ich habe den Sound gefunden, auf den ich die ganze Zeit hingearbeitet habe. Das bin ich. Hört man sich das Album an, kann man erahnen, was der Norweger damit meint. Gehen wir zurück zu Drive überrascht uns schließlich zum Refrain hin eine gewisse Überfrachtung der Sounds. Hier wird der Song plötzlich energisch und spült den seichten Start förmlich hinweg. Dabei fällt auf, dass Skavhellen stimmlich hier und da an Placebo-Frontsänger Brian Molko erinnert. Mit seiner sanften und markanten Stimme schleicht sich Skavhellen in unser Gemüt, macht es sich dort mit seinen Songs bequem und lassen ihm unterbewusst – während wir seinen Songs zuhören – schon mal das Bett zum Bleiben machen.