Irgendwo zwischen verkopft und losgelöst zeigt sich die einfühlsame neue Live-Session [ˈhʏtə] pt. 2 – die mit dem zweiten Teil in ihre Fortsetzung geht und die der Hamburger Singer/Songwriter SYMØN nun veröffentlicht. Dabei hat er abermals in einem kleinen abgelegenen Gartenhaus eingefangen, was sich um ihn herum während der Aufnahmen entwickelte. Das Dachshaus – so der Name der Aufnahmelocation – hat dabei, wie schon im ersten Part, erneut zu einem Zusammenspiel der beiden Musiker und Produzenten SYMØN und Benjamin David Meyer geführt. Entstanden ist ein 16 minütiges Wechselspiel aus Emotionen, wie Coolness, Gänsehaut-Feeling, Geborgenheit und Zweisamkeit. Sind es fünf oder sechs Songs, die auf [ˈhʏtə] pt. 2 ineinander überzugehen scheinen?! Vielleicht ist das von SYMØN und Meyer gar nicht erst gewollt, dass es eine Aufspaltung der Zusammensetzung gibt. Doch ist es für eine nähere Betrachtung hilfreich, denn mit dem knapp zweiminütigen Intro, das sich aus Trap-Elementen und den Rhymes der in New York lebenden Rapperin Nappy Nina – die bereits auf Yaejis Mixtape What We Drew 우리가 그려왔던 zu hören war, und mit Naptime (2015), Extra Ordinary (2017) und Mourning Due (2023) bisher drei Alben veröffentlicht hat – zusammensetzt, gibt es ein erstes Feature in den Aufnahmen der beiden Musiker.

Mit einem in sich verwobenen Sound – eng aneinander schmiegend und verdreht, wie bei einer Doppelhelix – geben SYMØN und Meyer im Anschluss die Bühne für ein Duett frei, das sich aus Vocoderunterstützung und groovigen Beats zusammensetzt. Diese erinnern an die Hochzeit von Freundeskreis und Songs wie, Mit Dir. In einem sich anschließenden und treibenden Instrumental geht es in den nächsten Songabschnitt über, der sich irgendwo, zwischen sommerlich leicht, dunkel und kopflastig einordnet. Hier meint man den beiden Musikern förmlich die Gedanken am Beat ablesen zu können. Was mit einem ersten euphorischen Sommersound beginnt, der von Leichtigkeit kaum zu übertreffen ist, wandelt sich bereits nach knapp 30 Sekunden, in ein Spiel der einzelnen Beats und Bässe und wächst in den folgenden zwei Minuten zu einem frickelig, mystischen Soundgerüst heran, welches sich einer gewissen Orientierungslosigkeit ergibt. Wo führt uns der Track hin, wie möchte er angenommen werden und was soll er auslösen? Das überlassen SYMØN und Meyer ganz dem Hörenden. Denn ehe der nächste Song in diesem Zusammenschnitt beginnt, folgt erstmalig ein klarer Break.

Mit dem nachfolgenden Song baut sich wohl der poppigste Moment in diesen 16 Minuten auf und zeigt gleichzeitig das einfühlsame Gespür der beiden Musiker, sich eine fragile Klangwelt aus sanften Gitarren, verzerrten Gesang und pulsierenden Bässen aufzubauen. Ein diffuser Gesang, der zeitweise nur noch erahnen lässt, welche Worte SYMØN hier singt, lassen vermuten, wie bedacht die Worte gewählt wurden. Ein kurzer Satz, ein leises Gefühl – das in Worte gefasst manchmal flüsternd ausgesprochen wird, um seine Kraft zu entfalten – und ein Wunsch, dieser einen verlorenen Person wieder gegenüberzustehen, halten die Puzzleteile dieses Songabschnitts zusammen. Mit einem zweiten, klaren Break wird der Track abgeschlossen, gleichzeitig hervorgehoben und könnte so für eine einzelne Veröffentlichung dienen. Im letzten Abschnitt haben sich die beiden Musiker schließlich auf eine, hauptsächlich von Gitarren begleitete, Ballade fokussiert, die mal Sounds eines Theremins erahnen – und dadurch wie Falcettgesang von Sigur Rós klingt – und mal die Assoziation an einen treibenden Countrysound von Eddie Vedder oder Gustavo Santaolalla aufkommen lässt.

Schließlich beschließt dieser Song und dieses Gefühl die letzten Momente von [ˈhʏtə] pt. 2 und gibt uns die Möglichkeit ein Auf Wiedersehen in Gedanken zu formulieren. [ˈhʏtə] pt. 2 ist eine Fortsetzung des ersten Teils – so vielschichtig und anders – als es der erste Part war und knüpft genau damit an den ersten Part an. Es ist ein Ansatz, der sich auf [ˈhʏtə] pt. 2 durch die Songs zieht – der Ansatz, die vielen Gedanken, die man im Kopf hat, musikalisch zu übersetzen und in ein Klangkostüm zu stecken, das die Vielfalt, das Verrückte, die Sehnsucht nach Wärme, den Spaß im Leben und all die Gefühle widerspiegelt, die man viel zu oft zu sortieren versucht. SYMØN und Benjamin David Meyer bauen sich mit [ˈhʏtə] pt. 2 ein weiteres Zimmer an ihr, Anfang des Jahres mit [ˈhʏtə] pt. 1, errichtetes Gartenhaus an, welches als eine Art Zufluchtsort für Momente dient, die der erste Teil nicht abbilden konnte. Es gibt im Kopf die Bilder frei, sich in den unterschiedlichsten Momenten der 16 Minuten wahlweise fallen zu lassen, emotional hinzugeben, sich zu verschließen und in Gedanken zu versinken oder expressiv einen Moment der absoluten Losgelöstheit zu erleben.