Er legt ein enormes Tempo vor – der Singer/Songwriter Marlo Grosshardt. Auf seinem 2023er Debütalbum Ein letztes Liebeslied hat der Hamburger verbunden, was nur Wenigen gelingt. Mit ehrlichen Texten, einer enorm intensiven Stimme und dem Mix aus Akustik, Folk und Indie begeistert Grosshardt nicht nur, sondern entwaffnet, wo es heikel wird. Bestes Beispiel dafür ist Angestellt sein des Debüts. Doch auch auf dem bereits ein Jahr später veröffentlichten zweiten Album Mut singt Grosshardt abermals von den ihn beeinflussenden Erlebnissen aus der Kindheit, dem Hier und Jetzt und dem IST-Zustand. Doch was eines der ganz großen Stärken des Singer/Songwriters ist, sind die politischen Texte, die der Sänger mit so viel Bildern in seinen Texten anreichert, dass sich jedes Mal eine Geschichte daraus entwickelt. Beeindruckend ist hierbei der Song Oma, der von dem Hilfe-suchen eines Enkels bei seiner mittlerweile verstorbenen Großmutter handelt. Nun steht der 23-Jährige bereits wieder mit neuen Songs auf der Bühne und ist auf den ersten beiden Songs Das hätte ich nie gedacht und Geschichte schreiben politischer denn je. Dabei treibt ein rhythmischer Beat den Takt auf Geschichte schreiben an und wird im Refrain groß und mitreissend.

Die dritte Singleauskopplung, Kein Plan was Liebe ist – die im verlaufe des Jahres in einer EP aufgehen soll – hebt sich jedoch gänzlich von den letzten Songveröffentlichungen ab. Denn hier singt der Hamburger von einer Liebe und ihrer Vergänglichkeit. Der Zerrissenheit, die sich zwischen Zu- und wachsender Abneigung gegen die einst so geliebte Person entwickelt. Es ist Schmerz und Erlösung zugleich. Diese dramaturgische Kurve, die sich innerhalb der zweieinhalb Minuten aufbaut, ist so intensiv, wie tragisch. Hier sind es die Worte Schau mir noch einmal in mein Gesicht, und schau welches Feuer da gerad in mir erlischt – die Grosshardt mit einer bebenden Stimme singt, die so tief gehen und gleichzeitig abermals diese – eingangs erwähnte – Entwaffnung haben, in der auch er sich nicht bei den gemachten Fehlern ausnimmt. Es ist ein wahrhaftiger Gedanke, an einem Abend – an dem man nicht, wie noch vor einigen Wochen zu zweit, sondern alleine zu Hause sitzt – der voller emotionaler Rückblicke auf intensive, liebevolle und zerreissende Momente die eigene Verletzlichkeit spürbar und damit die Wirkung des Songs ausmachen. Kein Plan was Liebe ist ist leise, intensiv, groß, direkt und schmerzhaft – aber zu jedem Moment authentisch und wahrhaftig. Es dürfte nicht die längste EP werden, die je rausgebracht wurde – ist doch keiner der drei bisher veröffentlichten Songs länger als drei Minuten – doch kann Grosshardt hier mit etwas anderem Überzeugen, das tief sitzt – dem Artikulieren von echten Gefühlen.