Tag zwei begann mit einem Paukenschlag! Hatte man sich, wie jedes Jahr am Festivalsamstag um die Mittagszeit, auf den Weg an den See gemacht. Gab es dieses Jahr einen eher ungebetenen Gast. Denn war man kaum im Wasser des Sees zum Abkühlen gelangt, hörte man es aus Westen bereits dumpf und tief grummeln. Dies waren nicht etwa schon die ersten Bands, sondern vielmehr eine ausgeprägte Gewitterfront, die eine Wasserwand mit 2/3 Zentimeter dicken Hagelkörnern und Sturm mit sich brachte. So ging es direkt aus dem See ins Auto zurück, mit dem es dann – mangels Sichtweiten – auch erst einmal nicht mehr weiterging. Mit nachlassen des Gewitters machten wir uns dann auf durch Gräfenhainichen, vorbei an bis zu 20 Meter hohen, auf Häuserdächern liegenden Bäumen, die nichts Gutes, in Bezug auf den Zeltplatz, ahnen ließen. Doch unerwartet klar wurde schnell, dass nur zwei Kilometer weiter zwar ordentlich Wasser und Hagel herunterkam aber wohl kein Lüftchen wehte. Anders war es nicht zu erklären, dass kein Zelt weggerissen wurde. Und so ging es nach kurzer Beseitigung der Wasserschäden auf zum Festivalgelände und in den zweiten Festivalabend.
Dieser begann im Intro Zelt mit einem der Überflieger 2015 – AnnenMayKantereit. Das sind Christopher Annen, Henning May und Severin Kantereit. May ist auch Sänger und Kopf der Band.
So kamen die drei Jungs plus Unterstützung auf die Bühne und ließen May’s Stimme soviel Platz wie sie benötigte. Dabei war verblüffend, wie ähnlich sie sich im Vergleich zu den Studioaufnahmen anhörte. So kamen Songs wie Jeden Morgen, Bitte Bleib und Es Geht Mir Gut, die eher unbekannter waren, zum Zuge als auch eine Coverversion des 1976 veröffentlichten Songs Sunny von Boney M. Selten hörte sich diese Disconummer so soulig an. Es folgte mit Länger Bleiben eine ungewohnt beatlastige Nummer die zum Tanzen anregte. Natürlich kam das Intro Zelt dieser Aufforderung nach und stieg mit ein. Mit Wohin Du Gehst folgte ein sozialkritischer Song der jedoch bei weitem nicht danach klang.
Vielleicht ist dieses konträre Wirken der Songs mit der Stimme May’s zusammen das Geheimnis dieser Band. Klingt der Song fast fröhlich, lauscht man einem Text der bedrückend und traurig ist. Mit Nicht Nichts, Oft Gefragt und Barfuß Am Klavier holten sie schließlich jeden im Zelt ab und ließen die Fans zum Refrain mitsingen. Zum Abschluß folgte noch der englischsprachige, an Bluesrock erinnernde Song – What He Wanted The Most und 21, 22, 23, das zum Springen und ausrasten einlud. Ein wiederkehrender Gast war Ferdinand, der an der Trompete stand und gebetsmühlenartig von May erwähnt wurde.
Es ist erstaunlich wie eine Band, die noch keinerlei Material in den Downloadshops, geschweige denn, ein Album (lässt man mal die 2013er Selfmadeplatte weg) veröffentlicht hat, bereits so viel Musik zum besten geben kann und dabei so abwechslungsreich und frisch klingt. Haut endlich eine Platte raus, möchte man den Jungs entgegenrufen!
Und so ging es nach einem perfekten Opener für den Samstag zur Mainstage, auf der bereits die Bühne für Django Django aufgebaut wurde. Die Indierocker aus London haben ihre ganz eigene Art Musik zu machen. Sind doch ihre Songs eine Mischung aus Indie, Pop, Rock und elektronischer Musik, die von Sänger Vincent schon fast schelmisch mit Gesang versehen werden. Unglaublich tanzbar ging es durch Songs wie Storm, Shake & Tremble sowie dem Pflichtsong Default. War man etwas weiter hinten hatte man dann auch genügend Platz um diese Songs ausgiebig zu feiern. Die fast schon psychedelischen Parts in ihren Songs ließen das Konzert mitunter wirken als würde man sich zu einer kollektiven Séance mit Freunden treffen.
Kaum waren Django Django mit ihrem Auftritt fertig, begann auch schon ein 45 minütiger Umbau mit Instrumenten, Bühnenaufbauten und Dekoration. Was folgte war kein geringerer als das Urgestein der Disco-Ära – Giorgio Moroder. Hatte ich gestern (bei Jamie XX) bereits von einem Reinfall des Festivalwochenendes gesprochen, legte Giorgio Moroder, aus anderer Sicht, noch einen oben drauf. Präsentierte sich Moroder mit seinen 75 Jahren doch als DJ und mixte aktuelle Dancehits mit seinen Klassikern aus den 70er Jahren. Das Problem hierbei war nicht die Auswahl der Songs, sondern der einfallslose Beat der monoton über jeden Song, egal ob Heart Of Glass von Blondie oder Zhu’s Faded, gelegt wurde. Als er schließlich den selbstbetitelten Song von Daft Punk anstimmte, machte er gar das ganze Set einmal aus und startete Daft Punks Song, als würde man im Autoradio eine CD wechseln. Ohne die Leistung dieses Genies als Produzent anzweifeln zu wollen, war das an diesem Abend dargebotene fast schlechter als ein Saturdaynight-Mix so mancher Radiostation. Zu Gute halten konnte man ihm immerhin, dass er in seinem so hohen Alter immer noch nicht genug von der Musik hatte und auch auf Festivals wie das MELT! auftritt.
Direkt im Anschluss an Moroder kam einer der Hauptacts dieses Wochenendes – Kylie Minogue. Hatte sie im vergangenen Herbst eine unschöne Erfahrung mit einem pleitegegangenen Booker und dadurch ausgefallenen Konzerten gehabt, ließt sie es sich dieses Jahr nicht nehmen, der Einladung vom MELT-Booking zu folgen und wenigstens einigen ihrer Fans eine Entschädigung in Form eines wunderbaren Konzertes anzubieten. Und so sah man auf der MELT Mainstage etwas, was sonst für nicht möglich gehalten wurde – eine richtige Show. Minogue zog sich gleich zwei mal um und hatten mit dutzenden Tänzern die Bühne bevölkert. Immer wieder zum Publikum sprechend, animierte sie dieses und war zu allerlei Scherzen aufgelegt. Besonders war der Moment, als sie den deutschen Part von You Disco (Needs You) und anschließend noch Nena’s Song 99 Luftballons – hier in englischer Fassung – zusammen mit dem Publikum sang. Mit ihren 1,52 Meter und 47 Jahren sprintete die Australierin über die Bühne, dass selbst das Publikum vor der Bühne ins Schwitzen kam.
Doch gerade bei diesem Auftritt schieden sich die MELT! Geister. Für den einen zu durchchoreografiert war es für den anderen eine wunderbare Show, die man mal mitnehmen konnte. Und so blieb bei vielen eine Minogue in Erinnerung die viel redete und lachte und genausoviel auf der Bühne für Unterhaltung sorgte. Und das zählte letztendlich.
Auf der Gemini Stage wurde derweil alles vorbereitet um das aus Seattle kommende Elektro-Duo Odesza willkommen zu heißen. Mit ihrem schweren und doch unglaublich entspannten Elektro hatten sie schnell die Masse für sich gewonnen. So war es drei Uhr Nachts als Songs wie Bloom, Say My Name und Sundara aus den Lautsprechern kamen. Waren um diese Uhrzeit viele auf den seitlichen Stufen bereits am müde werden, sorgte Odesza dafür, dass alle nocheinmal ihre letzte Energie zusammenkratzten und sich einfach nur frei zu den Songs bewegten. Natürlich war bei Say My Name und White Lies auch der entsprechende Peak vorhanden, der der Band ein euphorisches Raunen entgegenbrachte. So hätte man einmal mehr keinen besseren Act finden können, um die Gemini Stage zu beschließen und die Festivalgänger in die Nacht zu schicken.
Morgen lest Ihr wie es unter anderem bei Gengahr, Catfish & The Bottleman, Jamie T und Alt-J war.